Offener Brief von Pro Asyl zu den Missständen in der Ausländerbehörde

Offener Brief bezüglich der anhaltenden Missstände in der Ausländerbehörde
04.02.2020

Sehr geehrter Herr Kufen,

seit 2017 machen wir auf die Missstände in der Ausländerbehörde (ABH) aufmerksam und betonen dabei stets, dass wir die Schuld für die Missstände nicht den Beschäftigten geben. Vielmehr ist die Ursache des Problems ein erheblicher Personalmangel. Leider hat sich die Situation in den letzten Monaten weiter verschlechtert.

Als Beratungsstelle haben wir keinen direkten Kontakt mehr zu den Sachbearbeiter*innen. Die Bearbeitungszeit einzelner Anträge hat sich erheblich verlängert. In einem Fall hat einer unserer Klienten vor fast einem Jahr einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt und wartet bis zum heutigen Tag auf eine Entscheidung der Behörde. Am Telefon erhalten wir keine Informationen zum Sachstand solcher Verfahren. Für den Betroffenen bedeutet das, dass er weiterhin alle drei Monate sein Ausweisdokument (Duldung) bei der ABH verlängern lassen und potenziellen Arbeitgebern immer wieder erklären muss, dass er auch nach Ablauf der drei Monate beschäftigt werden kann. Auf dem Arbeitsmarkt ist er dadurch stark benachteiligt. Hinzu kommt, dass er für jedes neue Arbeitsangebot erst eine Einwilligung von der ABH benötigt. Auch hier sind lange Wartezeiten der Regelfall. So wird seit fast einem Jahr seine Lebensunterhaltssicherung und damit seine Integration massiv behindert.

In einem anderen Fall wartet eine Mutter seit Mitte letzten Jahres darauf, dass ihr 10-jähriger Sohn, der bei der kranken Großmutter in Nigeria lebt, zu ihr nach Deutschland kommen kann. Die Botschaft teilte uns im November 2019 mit, dass der Antrag seit geraumer Zeit nicht weiterbearbeitet werden könne, weil man auf das Votum der Essener Ausländerbehörde warte. Diese gibt uns auch in diesem Fall keine Informationen zum Sachstand.

Von Seiten der Ausländerbehörde heißt es zu den strukturellen Missständen seit Jahren, die Probleme seien mit der dünnen Personaldecke nicht zu bewältigen und man suche verzweifelt nach neuen Mitarbeiter*innen. Bei der Einrichtung der zentralen Ausländerbehörde (ZAB) hingegen war es offenbar in wenigen Monaten möglich, Personal zu rekrutieren. Einzelne Mitarbeiter*innen wechselten von der ABH zur ZAB, wodurch sich der Personalmangel bei ersterer noch verschärfte.

Wir fordern Sie auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um die genannten Probleme in den Griff zu bekommen. Dabei kann nicht immer wieder auf den Personalmangel verwiesen werden. Auch wird das strukturelle Problem nicht durch Sonderverfahren in Einzelfällen gelöst. Die geschilderten Fälle sind Beispiele für allgemein vorherrschende Probleme. In jeder Sprechstunde müssen wir unseren verzweifelten Klient*innen erklären, dass Anträge bei der Ausländerbehörde monatelange nicht bearbeitet werden. Hinzu kommen extremlange Wartezeiten für Termine, was dazu führt, dass Betroffene monatelang ihren Aufenthaltstitel nicht verlängern können.

Eine erste pragmatische Lösung wäre, Duldungen regelmäßig für ein Jahr zu erteilen. Allein dadurch würde sich der Arbeitsaufwand für die Behörde drastisch reduzieren. Wir sind sehr daran interessiert im Dialog mit Ihnen und der Ausländerbehörde nach schnell umsetzbaren Lösungen zu suchen, damit begonnene Integrationsprozesse nicht weiterhin verunmöglicht werden. Darum bitten wir um einen baldigen Gesprächstermin.

Mit freundlichen Grüßen

Inka Jatta (Geschäftsführung)

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